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Züchtung neuer Dahlien-Sorten

aus Samen neue Dahlien züchten

Welcher Dahlien-Liebhaber hat nicht auch schon davon geträumt, seine eigene besondere Dahliensorte zu züchten? Eine Dahlie wie sie noch keiner gesehen hat und die alle Blicke auf sich zieht; die erste blaue Dahlie (Foto rechts ist eine Fotomontage), vielleicht sogar die erste wundervoll duftende Dahlie? Das alles scheint sich jetzt vielleicht noch unrealistisch anhören, aber bei der Vielfalt der Dahlien scheint nichts unmöglich zu sein. Eins ist auf jeden Fall sicher: Selbst neue Dahlien-Sorten zu züchten ist absolut nicht schwer!

Aufgrund des 8-fachen Chromosomensatzes der Dahlie, gibt es bei diesen Pflanzen so vielfältige genetische Kombinationsmöglichkeiten wie bei kaum einer anderen Pflanze. Aus dem Samen einer Dahlienpflanze wird nie eine Kopie der Mutterpflanze heranwachsen. Sie wird sich in ihren Eigenschaften unterscheiden, was nach außen hin mal mehr und mal weniger vom Betrachter wahrzunehmen ist.

Wie geht man also bei der Zucht neuer Dahlien-Sorten vor? Zunächst sucht man sich eine Mutterpflanze, deren Wuchs, Blütenform und Farben ansprechend sind. Von dieser Pflanze werden die verwelkten Blüten nicht abgeschnitten, sondern an der Pflanze belassen. Der Samen muss an der Pflanze so lange ausreifen, bis er ein festes dunkles Korn entwickelt hat. In diesem Zustand hat sich der Samenstand bereits leicht bräunlich eingefärbt. Es ist darauf zu achten, dass die Samenstände nicht aufgrund anhaltender Feuchtigkeit anfangen zu faulen. Der Samen wird komplett von den "Blütenblättern" gelöst und trocken bis zum Frühjahr eingelagert.

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Im März können die Samen dann auf der Fensterbank ausgesät werden. Dazu werden sie einzeln in den Aussaatschalen auf dem Substrat verteilt und leicht mit Erde bedeckt. Die Erde muss feucht gehalten werden und die Temperatur sollte ca. 18 bis 20°C betragen. Die ersten Sämlinge werden nach ca. 1 Woche sprießen. Bei entsprechender Größe (ca. 6 cm) müssen die Pflänzchen in Einzeltöpfe umgepflanzt werden. Sobald die Pflanzen zwei Blattpaare gebildet haben, sollten sie oberhalb der 2ten Blattpaares ausgekniffen werden. Dadurch wird ein verzweigter Wuchs angeregt und die Dahlie wird später wesentlich standfester.

Mitte Mai, wenn kein Frost mehr zu erwarten ist, können die herangewachsenen Dahlien-Pflanzen ins Freiland gesetzt werden. Beim Pflanzen sollte auf ausreichend Pflanzabstand (ca. 0,5m) zwischen den Dahlien geachtet werden, damit sie sich beim Wachstum nicht gegenseitig behindern. Da diese Dahliensämlinge noch nicht über ausreichend große Knollen verfügen, die Feuchtigkeit speichern, müssen sie regelmäßiger gegossen werden. Nun heißt es abwarten bis zur ersten Blüte! Erst dann zeigt sich, welche Eigenschaften der Mutter- und Vaterpflanze sich in der neuen Züchtung durchgesetzt haben. Es empfiehlt sich, die neuen Sorten zum Zeitpunkt der ersten Blüte mit einer eindeutigen Nummer zu versehen und zusammen mit dieser Kennung zu fotografieren. Für mich hat sich dabei eine Ziffernfolge bestehend aus dem Züchtungsjahr und einer laufenden Nummer bewährt, wie z.B. 2019-023.

Nun erfolgt die eigentliche Züchtungsarbeit. Bereits im ersten Jahr erfolgt eine Beurteilung bezüglich Farbgebung, Standfestigkeit, Gesundheit, Blütenform und weiteren Faktoren, die dem Züchter besonders wichtig sind. Es werden dann bereits viele Dahlien aussortiert und nur die Pflanzen mit den gewünschten Eigenschaften für das nächste Jahr eingelagert. Es ist besonders wichtig, dass die Neuzüchtungen über mehrere Jahre beobachtet werden, da sich Sorten oft in den Folgejahren noch wieder verändern und dann womöglich nicht mehr den gesetzten Züchtungszielen entsprechen. Hat die Züchtung alle Hürden genommen, kann sie über Stecklinge vermehrt werden und in den Handel gebracht werden. Natürlich muss sich der Züchter noch einen geeigneten Namen für die neue Sorte überlegen und dann entscheidet der Kunde, ob sich diese Neuzüchtung in den Gärten ausbreiten wird.

Oft werde ich gefragt, ob es denn eine offizielle Stelle gibt, bei der diese Neuheiten angemeldet werden können?! Etwas Offizielles gibt es da allerdings nicht. Aber die Fachgruppe der Dahlien in der Gesellschaft der Staudenfreunde (ehemals Deutsche Dahlien-, Fuchsien- und Gladiolen-Gesellschaft) führt jedes Jahr eine Dahlien-Neuheitenprüfung durch. Der Züchter muss dazu aus Stecklingen seiner neuen Sorte kräftige Jungpflanzen ziehen, die er zu den vier Prüfungsfeldern in Erfurt, Hamburg, Stuttgart und Siebeldingen sendet. (Siebeldingen steht seit 2021 nicht mehr als Prüfungsfeld zur Verfügung) Für jedes Feld müssen 3 Pflanzen eingeschickt werden, die anschließend von ehrenamtlichen Mitarbeitern gepflanzt und weiter gepflegt werden. Zur Blütezeit erfolgt die Bewertung der eingesendeten Züchtungen anhand von 10 festgelegten Kriterien, die jeweils mit max. 15 Punkten bewertet werden können:

1) Gesundheit 2) Wuchs/Aufbau Standfestigkeit 3) Blütenstand über dem Laub 4) Blütenform 5) Frühzeitigkeit
6) Blühwilligkeit 7) Haltung der Einzelblüte und Stiel 8) Farbwirkung 9) Blütenhaltbarkeit 10) Neuheitenwert/Gesamteindruck

Es muss eine Mindestpunktzahl von 90 Punkten erreicht werden, damit die Dahlie im Folgejahr für die zweite Prüfung angemeldet werden kann. Erhält sie dann erneut die Mindestpunktzahl hat sie die Neuheitenprüfung bestanden. Die Ergebnisse aller angemeldeten Prüflinge werden der Fachgruppe der Dahlien veröffentlicht. Somit kann eine Neuzüchtung bereits einem breiten Publikum vorgestellt werden.

Ich habe auch bereits einige Male an der Neuheitenprüfung teilgenommen. 2018 hat die Dahlie "Honeymoon" (siehe Foto) dann auch mit 111 Punkten als beste Liebhabersorte den Otto-Bergerhoff-Gedächtnispreis gewonnen. Eine Vorraussetzung zum Verkauf der Dahlie ist die Neuheitenprüfung zwar nicht, kann dem Züchter aber durchaus für Marketingzwecke dienen.

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